Sportalpen.com

Pionier im Fokus: Sportschuhdesigner Christoph Döttelmayer

Christoph Döttelmayer ist im Begriff sich einen Namen im eigentlich medienfremden Schuhdesignbusiness zu machen. Zusammen mit seinem Mentor Laszlo Tapolcai gibt er im Interview einen Einblick hinter die Kulissen der Designwelt.

Der Schuh-Mentor

Footwear Designer sind nicht unbedingt das Lieblingsmotiv der Paparazzi. Dabei spielt sich in ihrer Welt vieles ab, von dem der Rest der Gesellschaft üblicherweise ausgeschlossen bleibt und trotzdem davon profitiert. Christoph Döttelmayer ist einer jener Designer, die seit jeher wussten wo sie später landen würden. Mit dem erfahrenen Mentor Laszlo an seiner Seite machte er seinen Weg in der Gestaltungsbranche und hat der Sportschuhwelt seinen Stempel aufgedrückt. Wir haben die beiden getroffen, um Details zu Entwicklung, Passion und Design herauszufinden.

Sportalpen.com: Hallo ihr zwei. Eure gemeinsame Leidenschaft hat euch zusammengeführt… aber wie habt ihr euch überhaupt getroffen?

Christoph: Als ich meinen Eltern erzählte, dass ich Schuhe designen möchte, sagten sie es einem Freund der auch Laszlo kannte. Also hab ich ihn einfach angerufen und ihn besucht. Das war 2006.

Laszlo, du hast Christoph als Mentor quasi von Beginn an unterstützt. Wie lange bist du selbst schon im Schuhdesignbusiness?

Laszlo: Mein Vater hat damals eine Lehre als Schuhmacher absolviert. Und obwohl er als Polizist gearbeitet hat, bin ich doch irgendwie immer mit Schuhen in Kontakt gewesen.
Dann habe ich Designen gelernt, bin in die Vereinigten Staaten gegangen und habe für Converse gearbeitet. Später bin ich dann als Chefdesigner für Footwear bei Adidas gelandet und jetzt bin ich als Berater aktiv.

Warum ausgerechnet Sportschuhe?

Christoph: Bei mir fing das eigentlich damit an, dass ich Basketball-Profi werden wollte. Michael Jorden war und ist die größte Inspiration in meinem Leben. Und das hat mich auf die Schuhe gebracht, die er anhatte: die Nike AirJordan. Dabei hat mich auch die Geschichte hinter den Schuhen fasziniert und ich wusste: Das will ich auch machen! Darum habe ich Produkt-Design studiert.

Welche Aufgaben übernimmt ein Schuhdesigner?

Christoph: Beim Design geht es nicht nur darum das Optische zu machen, sondern um das komplette „Paket“. Natürlich fängt das Ganze mit dem Look an, weil man sich Gedanken macht, für wen und für welches Einsatzgebiet der Schuh geschaffen werden soll. Gleichzeitig muss man natürlich auch Überlegungen zum Material und dessen Eigenschaften anstellen. Aufbau und Technologie fallen also auch in diese Phase. Wir arbeiten aber auch mit Entwicklern zusammen, die den Schuh dann schließlich umsetzen.

Was macht Sportschuhe so besonders?

Christoph: Beim Design geht es für mich um Emotionen und Schuhe sind das perfekte Produkt um die Geschichte zu erzählen. Das ist eine der schönsten Seiten meines Jobs. Es gibt da diese Dinge, die nur du über den Athleten weißt, mit denen du zusammenarbeitest. Und die versucht man dann einzubauen.

Laszlo: Die Herausforderung steckt eigentlich immer darin, für jeden Schuh eine Identität zu schaffen. Das macht den Job aber auch aufregend. Immerhin will man ja nicht sich selbst oder jemand anderes kopieren. Charakter ist wichtig.

Wie sehr hilft es, wenn man den Sport selbst betreibt, für den man Schuhe designt?

Christoph: Man muss sich auch in das Produkt einleben. Da hilft es natürlich, wenn man den Sport selbst tatsächlich ausübt und weiß, wie das Produkt beansprucht wird. Es wäre etwas seltsam wenn ich Schuhe fürs Mountaineering designe, aber nicht wenigstens hin und wieder in den Bergen unterwegs wäre.

Eine kleine Zeitreise für dich Laszlo: Wie war das damals, als du in der Designwelt angefangen hast?

Laszlo: Natürlich hatten wir noch nicht solche Hilfen wie einen Computer. Sketches, Zeichnungen und Prototypmodelle mussten alle mit der Hand angefertigt werden. Der ganze Prozess war vielleicht nicht ganz so simpel wie heute. Aber es gab auch damals ein Schritt-für-Schritt-Vorgehen, mit dem wir gut zurechtkamen (lacht). Oft haben sich auch mehrere Designer auf gewisse Teilbereiche spezialisiert und den Arbeitsprozess so aufgeteilt. Dann kamen langsam die Computer – und ich musste wieder etwas lernen. Es gibt aber übrigens noch heute Firmen, die auf Handzeichnungen bestehen.

Und wie sieht es heute generell aus? Wie viel Arbeit erledigt ein Designer am PC?

Christoph: Ich arbeite mit einem großen Grafiktablet. Im Endeffekt ist es ziemlich genau dasselbe, wie wenn ich mit Papier und Stift zeichnen würde. Gleichzeitig ergeben sich am Computer aber viele Vorteile, wie etwa die direkte Einbindung und die Weiterverarbeitung. Man braucht zum Beispiel keine neuen Zeichnungen erstellen, wenn man die Farbe wechseln will.

Haben dadurch mehr Leute – die vielleicht weniger Talent mitbringen – leichter Chancen in der Designwelt?

Christoph: Natürlich kann man mit dem Computer ein bisschen „herumtricksen“. Es kommt aber viel darauf an ob der Designer versteht, wie die Form des Produkts aussehen soll. Ein Schuh hat ja eine sehr komplexe Form, die sich in alle Richtungen bewegt. Wenn man das Gefühl dafür nicht hat, ist es auch mit dem Computer sehr schwer.

Wie sieht der generelle Ablauf im Schuhdesignprozess aus?

Christoph: Es gibt hier zwei Prozesse. Entweder man entwirft völlig frei basierend auf einer Idee oder man fängt mit bestimmten Vorgaben an. Der Auftraggeber gibt vor, was der Schuh können und in etwa kosten sollte. Dann beginnt man mit den Überlegungen und macht sich Gedanken, welche Technologien verwendet werden sollen. Im besten Fall erfindet man Neue.

Mit ersten Sketches werden die Vorschläge dann zu Papier gebracht. Detailverbesserungen und Farbauswahl sind die nächsten Schritte.

Wie entsteht der erste Prototyp?

Christoph: Damit man eine erste 3D-Vorstellung von dem Prototypen bekommt, wird eine Art „billiges“ Modell erstellt. Dabei wird ein Schuh-Dummy mit Maler-Band abgeklebt und die Designlinien aufgezeichnet. So sieht man dann auch die dreidimensionale Variante der Linien, die auf dem Plan ganz anders aussehen. Das eignet sich auch gut zur Überprüfung der Skizzen. Als nächstes geht es an die einzelnen Schichten des Schuhs und den Ausschnitt der Materialien.

Laszlo: Hinzu kommt außerdem, dass man sich überlegen muss, an welchen Stellen des Schuhs welche Materialien verwendet werden. Ich hab mir damals ein Fußskellet besorgt, auf dem ich potentielle Druckstellen farbig markiert habe. So sieht man etwa immer auf den ersten Blick, wo keine harten Teile verwendet werden sollten. Das ganze muss man allerdings zwölfmal durchspielen, weil es ja unterschiedliche Größen gibt – und die Form ändert sich nicht proportional zur Größe.

Was passiert dann noch, bis der Schuh zur Massenfertigung freigegeben werden kann?

Laszlo: Dann beginnt das „Tooling“ – die Herstellung…

Christoph: … und das ist mit enormen kosten verbunden.

Laszlo: Es kann schon sein, dass die Herstellung einer Größe eine halbe Million Dollar verschlingt. Es passen bei einem Schuh zwar oft zwei Größen in eine Schale, aber die Investitionen sind dennoch enorm. Deshalb ist es extrem wichtig, im Design korrekt zu arbeiten. Kostspielig ist auch immer die Sohle, beziehungsweise deren Gussform – meist das Teuerste am ganzen Schuh.

Christoph: Der ganze Prozess – von der Idee bis zur Markteinführung – dauert dann bis zu zwei Jahre.

Wie ist es, mit einem Sportprofi zusammenzuarbeiten?

Christoph: Das ist genau der Grund, warum ich in dem Job angefangen habe. Ich hatte vor einiger Zeit die Möglichkeit, zusammen mit David Lama ein Produkt zu entwickeln (Kletterschuh, Anm. d. Red.), das seine Geschichte erzählt. Gleichzeitig konnte ich so versuchen, ihm dabei zu helfen noch besser zu werden. Es war großartig!

Laszlo: Ich habe damals bei Raichle zusammen mit einem Snowboard-Weltmeister Boots entwickelt. Ich hatte nicht viel Ahnung davon, aber er hat mir ganz genau gesagt, was er von dem Schuh erwartet. Und das haben wir dann umgesetzt.

Wie viel Unterschied kann ein Schuh im Wettkampf tatsächlich machen?

Laszlo: Das Team, das den Schuh von Usain Bolt entwickelte, hat sich bestimmt mit dem Laufprozess als Ganzes auseinandergesetzt. Durch Gespräche mit dem Athleten und den Wissenschaftlern finden sich so immer wieder neue Wege, etwas zu verbessern.

Genau so ist etwa unnötiges Gewicht an der Ferse von den Laufschuhen verschwunden, weil die beim schnellen Lauf nicht wirklich gebraucht wird.

Christoph: Natürlich ist das nicht festzustellen, aber ich bin mir sicher, dass einige Wettkämpfe auch anders ausgehen hätten können.

Wie viel Marketing steckt mittlerweile im Schuhdesignprozess?

Laszlo: Das kommt auch auf das Unternehmen an. Bei Adidas startet die Entwicklungsabteilung ein Projekt. Bei Nike Amerika ist oft auch die Marketingabteilung der Initiator. Meist geht man sowas aber ohnehin gemeinsam an.

Christoph, du bist mittlerweile bei Dachstein gelandet und dort auch für die Bergsportabteilung zuständig. Wie bist du dazu gekommen?

Christoph: Dazu muss ich zuerst sagen, dass ich mir nie gedacht hätte in Österreich einen Job als Footwear Designer zu finden. Es gibt in diesem Land leider nicht die großen Firmen, die noch dazu ihre Designabteilung hier hätten. Bei meinem Engagement mit Dachstein hat auch der Zufall mitgespielt. Gott sei Dank! Weil es sehr schön ist, in der Heimat aktiv sein zu können.

Kannst du dir auch vorstellen, den Schuhen einmal den Rücken zu kehren und was anderes zu designen?

Christoph: Vorstellen könnte ich mir das schon, aber sicher nicht in naher Zukunft. Viele Leute Fragen mich: Immer wieder Schuhe designen – wird das nicht langweilig? Aber es ist jedes Mal eine neue Herausforderung. Und ich bin immer mit Begeisterung und voller Leidenschaft dabei.