Wir haben uns in eine der schönsten Rennradregionen Österreichs nach Zell am See Kaprun aufgemacht und mit Ex-Profi, Ex-Staatsmeister und Airstreeem-Mann Rupert Probst Tipps für die Technik beim Rennradtraining zusammengestellt.
Tipps vom Profi
Viele Wege führen bekanntlich zum Ziel. Auch auf dem Rennrad. Mit der richtigen Technik vom Profi steigern Einsteiger, Hobbyfahrer und ambitionierte Wettkämpfer ihre Performance. Auch wenn die Individualität im Rennradtraining immer berücksichtigt werden muss, gibt es einige Übungen und Prinzipien, deren Wirkung jedem Sportler weiterhelfen können – vor allem bei den Rennrad-Trainingscamps. Zusammen mit dem Sportmagazin Sportalpen.com gibt der Ex-Staatsmeister im Einzelfahren und Physiotherapeut Rupert Probst vier Techniktipps zum Rennradtraining.
Technik Tipp #1: Runder Tritt
Eines vorweg: Der perfekte „runde Tritt“ existiert nur in der Theorie. Weil der Mensch keine Maschine ist, treten selbst die Besten der Besten nicht komplett gleichmäßig. Der meiste Druck auf das Pedal wird logischerweise bei der Vorwärtsbewegung (Schub- und Druckphase) ausgeübt. Aber auch die Unterstützung des anderen Beines durch die Zugphase macht Sinn. Um den Tritt auf lange Sicht gleichmäßig und effektiv zu halten sind vor allem zwei Dinge nötig: Kraft und Ausdauer. Und die gewinnt man durch Übungen wie dem Einbeintraining und dem Frequenztraining. Beides ist übrigens vor allem in den kalten Monaten eine optimale Alternative zum Winterschlaf.
Einbeintraining
Der Name ist beim Einbeintraining Programm. Nachdem man sich eingefahren hat, klickt man sich mit einem Bein aus dem Pedal und lässt nur das andere arbeiten. Gut eine Minute sollte die Frequenz gleich und der Tritt „rund“ bleiben. Eine Minute Pause (normales weiterfahren) und dann dasselbe Spiel mit der anderen Seite. Danach bieten sich wieder fünf bis zehn Minuten in der Grundlagenausdauer an, ehe man erneut ins Einbeintraining startet. Je nach Trainingsfortschritt liegen fünf bis sieben Wiederholungen nahe. Ideal in flacher Umgebung oder bei einer leichten Steigung.
Frequenztraining (nach Umdrehungen)
Frequenztraining findet häufig im Winter statt und ersetzt langweiliges Kilometersammeln auf der Rolle. Mittels Trittfrequenz-Pyramiden werden Technik, Motorik sowie Kraft und Ausdauer verbessert. Eine typische Einheit startet (nach dem Einfahren) mit etwa 100 Umdrehungen pro Minute und steigert die Frequenz jede Minute, bis ein Limit erreicht wird, das sich noch „fehlerfrei“ treten lässt. Dann geht es im Minutentakt wieder zurück. Für mehr Frequenztraining, siehe Detailartikel Intervalltraining.
Technik Tipp #2: Fahrverhalten – Kurvenfahren & Zielbremsung
„Beim Kurveneingang sollte man die Geschwindigkeit haben, die man für das Ausfahren der Kurve – ohne weiteres Bremsen – benötigt. Die Ideallinie zieht immer von außen nach innen.“, fasst Rupert Probst zusammen. Klingt einfach, doch gerade die Dosierung des Speeds ist oft schwierig. Auch, weil etwa zu viel Geschwindigkeit die Ideallinie gefährdet und zu wenig deutlich Zeit kostet. Beim bremsen an sich gilt: Wer mehr Gewicht auf das Hinterrad verlagert behält eher die Kontrolle über das Vorderrad. Das ist besonders bei Abfahrten wichtig. Ein Gefühl dafür kommt nach einer gewissen Zeit allerdings ohnehin von selbst. Als Übung bietet sich an, die verschiedensten Kurven immer wieder zu fahren. Die Markierung (oder Fixierung) eines Bremspunktes hilft vor allem am Anfang sehr. Details dazu gibt’s auch im Artikel zur Fahrtechnik für das Mountainbike.
Technik Tipp #3: Windschattenfahren
„Es passiert bei Wettkämpfen sehr oft, dass man sogar den Reifen des Vordermannes berührt. Angst vor dem Windschattenfahren braucht man nicht haben – vorausgesetzt der Vordermann weiß was er tut.“, so der Ex-Staatsmeister. Ein Abstand von circa 15 Zentimetern bis zu einem halben Meter schont allerdings die Nerven und ist immer noch effizient. „Je mehr Abstand man lässt, desto mehr Wind bekommt man ab.“, so Probst weiter. Ein „Herantasten“ ist beim Windschattenfahren eine gute Möglichkeit sich der Technik im Rennradtraining zu nähern. Die Unterlenker-Position einzunehmen verbessert zudem die Aerodynamik. „Die Technik macht ab etwa 20km/h Sinn. Je schneller man fährt, desto mehr bringt das Ganze. Wenn man alles richtig macht bringt einem Windschattenfahren bis zu 30 Prozent Kraftersparnis!“, erklärt der Physiotherapeut.
Belgischer Kreisel
Für den Belgischen Kreisel werden zumindest drei Rennradfahrer benötigt. Ideal ist eine Gruppe von etwa sechs Leuten. „Man muss sich zum Beispiel drei Zweierreihen hintereinander vorstellen, wo die linke Seite immer leicht schneller fährt und der Fahrer, der die erste Position auf der linken Seite erreicht gleich wieder nach rechts ,abschweift‘ und sich zurückfallen lässt. Ist er auf der rechten Seite auf der letzten Position angekommen, reiht er sich wieder links ein und beginnt erneut den Weg nach vorne.“, erklärt Probst. Durch den Belgischen Kreisel werden Führungsarbeit und Windschattenfahren gleichmäßig verteilt.
Technik Tipp #3: Wiegetritt
Wer in den Wiegetritt übergeht lässt den Gesäßmuskel „mitarbeiten“. „Dadurch kann mehr Druck auf die Tretbewegung nach unten gebracht werden. Gleichzeitig wird aber das Herz-Kreislauf-System mehr belastet, weil man das Becken stabilisieren muss und der Oberkörper miteinbezogen wird.“, so Probst. Der Wiegetritt bringt also sowohl einen Vor- als auch Nachteile. Ihn zu beherrschen ist allerdings sicher kein Nachteil. Wer in den Wiegetritt übergeht kann zwischenzeitlich einen höheren Gang schalten, weil mehr Kraft auf die Pedale übertragen wird. Generell ist diese Rennradtechnik aber eine individuelle:„Jan Ulrich ist etwa nie in den Wiegetritt gegangen und hat trotzdem die Tour de France gewonnen.“, erzählt der Ex-Profi.
Grundlagen zum Techniktraining am Rennrad
Wer sich entscheidet die Techniktipps fürs Rennrad in seinen Trainingsplan zu integrieren wird schnell mit den Fragen „Wie oft? Wann? Wo?“ und „Wie lange?“ konfrontiert. Dazu Probst: „So ein Techniktraining kann man gut dreimal pro Woche einplanen. Dabei können die Übungen auch gerne in die Grundlagen Ausfahrten – aber nicht in die Kraft- oder Intervalleinheiten – integriert werden. Das spart Zeit.“ Am sinnvollsten ist es, so Probst weiter, dieselben Übungen über einen längeren Zeitraum auszuführen und nicht ständig durchzumischen. So wird die biomechanische Weiterentwicklung verstärkt, was schneller zu Ergebnissen führen sollte. Zu der Wo-Frage: Eine Region wie Zell am See Kaprun bietet etwa alles, was man beim Rennradtraining benötigt. Zum Beispiel die Ironman Radstrecke mit leichten Anstiegen und langen Geraden eignet sich perfekt für das Techniktraining.
TIPP: Weitere Tourentipps für die Region Zell am See Kaprun finden Sie in der Radbroschüre oder in der Touren-APP die auch vor Ort die Orientierung erleichtert.
Wer so eine Umgebung nicht hat, muss kreativ werden.
„Lehrjahr“ als Einstieg in den Sport
Prinzipiell gilt: So oft üben, bis man den Ablauf blind kann. Einen Richtwert gibt es nicht wirklich. „Bei manchen Sportlern funktioniert das auch nach zehn Jahren nicht. Einsteiger, die sich sorgfältig mit der Technik im Rennradtraining beschäftigen, sind aber oft schon nach einer Saison ,sattelfest‘.“, so Probst. Das erste Jahr als Lehrjahr zu betrachten bringt etwa auch andere Vorteile. Fragen zur Einteilung der Saison, Trainingshäufigkeit und Defiziten beantworten sich dann nicht selten von selbst – und bilden eine gute Grundlage für das erste echte Wettkampf- oder Trainingsjahr.
Kann mir jemand sagen wie und wann es sinnvoll ist mit den Armen zu ziehen und somit mehrere Muskelpartien als Kraftquelle einzusetzen.
Macht man es nur kurz auf steilen Bergstrecken oder bei Sprints oder werden die Arme bei den Profis ständig eingestzt.